Handlungsoption: grenzüberschreitende Verschmelzung

1. Einleitung

Für britische Gesellschaften mit deutschem Verwaltungssitz ist der Brexit auch in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht höchst relevant. Für Gesellschafter gilt, die sich ergebenden gesellschaftsrechtlichen Folgen in den Blick zu nehmen und rechtzeitig die entsprechenden Maßnahmen in die Wege zu leiten, um Haftungsrisiken zu vermeiden. Insofern ist allerdings in Anbetracht des Ende der Verhandlungsfrist am 29.03.2019 Eile geboten. Der Reihe nach:

2. Grenzüberschreitende Verschmelzung

Mit dem Brexit wird nach derzeitigem Verhandlungsstand die im europäischen Recht geltende Niederlassungsfreiheit keine Anwendung mehr auf britische Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland finden. Die hieraus in Anwendung der sog. Sitztheorie des BGH folgende Gleichstellung der Limited mit der deutschen GbR oder OHG würde das Risiko der unbeschränkten Haftung für (Alt-)Verbindlichkeiten mit sich bringen.

Dieser Problematik kann durch gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen begegnet werden. Gegenstand dieses Beitrags ist die grenzüberschreitende Verschmelzung als eine der gängigsten Lösungsmöglichkeiten. Welchen Weg das einzelne Unternehmen letztlich bestreiten sollte, hängt aber vom Einzelfall ab. Bei der Abwägung spielen unbedingt auch steuerliche Gesichtspunkte eine wichtige Rolle.

In rechtlicher Hinsicht ist die Verschmelzung wohl der sicherste Weg. Sie v.a. hat den Vorteil, dass im Gegensatz zum Asset Deal keine Liquidation der Limited auf britischer Seite mehr nötig ist. Stattdessen gehen automatisch sämtliche Vermögensgegenstände im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die deutsche Zielgesellschaft über.

3. Verfahren

a. Anforderungen nach der CCBMR (cross-border mergers regulation)

Die Voraussetzungen für die Umwandlung auf britischer Seite sind im sog. CCBMR (cross-brorder mergers regulation) geregelt. Erforderlich sind hiernach im Wesentlichen die folgenden Schritte:

aa. Beim Companies House ist der zuvor entworfene gemeinsame Verschmelzungsplanentwurf („draft terms of merger“) und das sog. CB01 Formular einzureichen. Darüber hinaus ist grundsätzlich ebenfalls eine gerichtliche Verfügung durch den High Court of Justice (sog. „court order“) auf Einberufung der Gesellschafterversammlung der Limited zur Beschlussfassung über die Verschmelzung einzureichen.

Diese oftmals notwendige gerichtliche Verfügung vor der Vorlage von Verschmelzungsplan beim Companies House hat wesentlichen Einfluss auf das Zeitmanagement der gesamten Umwandlung. Trotzdem wird sie selbst in vielen Fachartikeln und Kommentaren – wenn überhaupt – sehr stiefmütterlich thematisiert. Entbehrlich kann sie u.a. dann sein, wenn zwischen Limited und deutscher Zielgesellschaft ein Mutter-Tochter-Verhältnis vorliegt. Somit kann es im Einzelfall von Vorteil sein, vorab die deutsche Zielgesellschaft zu gründen, um sodann durch eine Einbringung der Anteile an der Limited in die deutsche Gesellschaft ein Mutter-Tochter-Verhältnis herzustellen.

bb. Das Companies House macht sodann die Verschmelzung(-sabsicht) öffentlich bekannt. Mit einem zeitlichen Mindestabstand von 1 Monat nach Bekanntmachung findet dann die Gesellschafterversammlung der Limited statt, auf der die Verschmelzung beschlossen wird.

Mindestens 2 Monate zuvor ist den Arbeitnehmern noch ein Verschmelzungsbericht (directors‘ report) zur Einsicht zu übermitteln. Anders als bei einer innerstaatlichen Verschmelzung ist der Verschmelzungsbericht im Rahmen einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nicht möglich.

cc. Schließlich wird bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen die Verschmelzung durch den High Court of Justice nach einem (zweiten) „court hearing“ genehmigt und eine Verschmelzungsbescheinigung ausgestellt. Erst wenn diese Bescheinigung vorliegt, kann abschließend die Anmeldung der Verschmelzung zum Handelsregister in Deutschland erfolgen.

b. Anforderungen nach UmwG

Auf deutscher Seite ist im Wesentlichen zu beachten, dass der Verschmelzungsplan notariell zu beurkunden ist. Er ist ferner mindestens 1 Monat vor der Gesellschafterversammlung der deutschen Zielgesellschaft, in der die Verschmelzung beschlossen wird, beim Registergericht einzureichen. Ferner ist ebenfalls 1 Monat vor Beschlussfassung der Verschmelzungsbericht am Sitz der deutschen Gesellschaft auszulegen.

Nach Beschluss der Gesellschafterversammlung ist die Verschmelzung beim deutschen Registergericht anzumelden. Abschließend macht dieses dem Companies House noch eine entsprechende Mitteilung, woraufhin Letzteres die Limited aus dem englischen Handelsregister löscht. Mit Eintragung in das deutsche Handelsregister wird die Verschmelzung schließlich wirksam.

4. Fazit und Praxistipp:

Vorteilhaft bei der Verschmelzung ist, dass es sich um ein rechtssicheres, kodifiziertes Verfahren handelt. Unbedingt zu berücksichtigen ist allerdings, dass dieses Verfahren nach derzeitiger Sach- und Rechtslage nur noch bis zum Brexit Anwendung findet, weil die CCBMR mit dem Austritts Großbritanniens aus der EU ihre Grundlage verliert. Folgerichtig sollte die Verschmelzung spätestens am 29.03.2019 vollzogen sein. Insofern sind die entsprechenden Schritte möglichst bald in die Wege zu leiten.

Richten Sie Ihre Fragen gerne an die Rechtsanwälte Frank Naumann und Fabian Bauer.

Auswirkungen des Brexit auf die Limited mit deutschem Verwaltungssitz